Nicht nur die fünf Mannschaften, sondern auch einige Zuschauer waren erschienen, um sich über Gehfußball zu informieren oder die Mannschaften bei den „Humboldt Open“ des WTW Wallensen anzufeuern. Die Gehfußballer des WTW hatten vergangenen Winter an einem Hallenturnier in Hameln teilgenommen und jetzt erstmals ein Freiluftturnier in der Region veranstaltet. Fünf Mannschaften hatten sich angemeldet, die im Modus Jeder gegen Jeden ihren Sieger ermittelten. Dabei stand aber nicht der Turniersieger, sondern der Gehfußball mit dem verbundenen Spaß im Vordergrund.

Präzise Pässe statt schneller Sprints, darauf kommt es beim Gehfußball an. Bei dieser entschleunigten Fußballvariante darf niemand rennen und grätschen schon gar nicht. Zudem darf der Ball nur maximal in Hüfthöhe gespielt werden, um vor allem Kopfverletzungen zu verhindern. Bereits beendete oder am Ende stehende Fußballkarrieren aus dem Amateurlager nehmen dadurch nochmal Fahrt auf, zumal Gehfußball inklusiv für alle Altersklassen und jedes Geschlecht betrieben werden kann. Auch beim Turnier in Thüste „gehen“ Menschen mit Beeinträchtigung sowie Frauen und Männer über den Rasen und passen sich den Ball zu.

Am Spielfeldrand wird bei gelungenen Ballstafetten geklatscht oder sich auch mal über gesundheitliche Probleme ausgetauscht. Manche haben Knieprobleme, bekommen schlecht Luft oder der Rücken zwickt an verschiedenen Stellen – doch für ein paar Minuten Gehfußball reicht es bei fast allen. Ein Spiel im Turnier dauert zwölf Minuten und mit Auswechselspieler ist für keinen Teilnehmer die Belastung zu hoch. Beim WTW Wallensen wird schon seit rund zwei Jahren jeden ersten und dritten Dienstag im Monat um 19 Uhr in der Thüster Halle Gehfußball gespielt, wobei die Akzeptanz immer mehr zugenommen hat.

„Für Gehfußball bin ich noch zu jung!“, „Da schwitzt man doch gar nicht!“ oder „Hallensport mögen meine Knochen nicht!“ hören die Teilnehmer immer wieder als Ausreden im Gespräch, wenn es um das Thema Gehfußball geht. Wer aber in den Sport reingeschnuppert hat, bleibt zum Großteil dabei. Auch im Gehen schwitzt man und die Intensität ist nur so hoch, dass es gerade zu Beginn höchstens Muskelkater gibt. Verletzungen sind anders als beim Fußball sehr selten und wenn nur Unfälle. Gerade die Gemeinschaft macht den Reiz aus, wo nach dem Sport in der Kabine auch bei einem Getränk noch über den Sport oder sonstige Themen gesprochen wird.

„Am Anfang muss man sich noch bremsen und den Ball nicht in den Lauf spielen. Auch das gewohnte hinterherrennen lernt man schnell abzuschalten“, erklärt einer der Spieler am Rand die Unterschiede vom Fußball zum entschleunigenden Gehfußball. Von außen sieht Gehfußball oft ungewohnt und wie Fußball in Zeitlupe aus. Doch Gehfußball ist für alle Teilnehmer schweißtreibend. „Und jeder Sport ist besser, als auf der Couch zu liegen“, befindet einer der leidenschaftlichen Kicker, der jetzt auch eine neue Passion gefunden hat.

Tatsächlich funktioniert das Spiel so, wie sonst auch, nur halt langsamer. Es gibt Doppelpässe, kleine Dribblings und auch richtiges oder falsches Stellungsspiel. Vor allem gibt es aber von Jung bis Alt viele Menschen, die nichts anderes als Kicken im Kopf haben und darüber sehr glücklich sind. Spaß am Fußballspielen, spielerisch in Bewegung bleiben und dadurch die Gesundheit verbessern und zusätzlich noch interkulturelle Kontakte knüpfen – das ist die Idee hinter Gehfußball beim WTW Wallensen, was immer mehr Freunde findet und für ein aktiveres Leben im Alter sorgt und auch soziale Isolation von Menschen vorbeugt.

Zum Turnier beim WTW kamen mit KTW aus Heyen, dem TSV Kemnade und dem Bayern Fan Club Holzminden gleich drei Mannschaften aus dem Landkreis Holzminden. Auch einige Zuschauer auf dem WTW-Gelände haben dabei die faire und gesellige Atmosphäre genossen. Die Zuschauer sahen durchweg enge Spiele, da die Mannschaften zumeist auf Augenhöhe agierten. Am Ende setzte sich mit KTW auch die spielerisch stärkste Mannschaft unter der Führung von Heiko Wicke mit zwei Siegen und zwei Unentschieden knapp vor dem TSV Kemnade durch, die mittlerweile auch schon eine Gehfußballgruppe im Verein gegründet haben. Mit zwei Siegen und einem Unentschieden kam Kemnade auf den zweiten Platz. Ein Novum schaffte die Zweitvertretung des WTW auf dem dritten Platz, die im Turnier auch ungeschlagen und ohne Gegentor verblieb. Allerdings gab es auch nur ein Tor gegen Kemnade zu bejubeln, was auch noch der Gegner ins Tor bugsierte. Der Bayern Fan Club drückte im letzten Spiel zwar brutal auf das Tor von WTW II, doch am Ende bedeutete das 0:0 den vierten Platz mit vier Punkten. Pech hatte WTW I, die gleich drei Spiele mit 0:1 verloren und so mit nur einem Punkt auf dem letzten Platz landeten und zumindest ein guter Gastgeber waren.

Den Siegerpokal nahm KTW mit nach Heyen, versprach aber auch den Wanderpokal im nächsten Jahr wieder mitzubringen. Denn eine Wiederholung der „Humboldt Open“ soll es auf der Thüster Platte auf jeden Fall geben. Alle Mannschaften sprachen sich dafür aus, dass Turnier zu einer Tradition werden zu lassen. „Toll war die Fairness und der gute Umgang miteinander. So macht Gehfußball definitiv Spaß und ist eine tolle Möglichkeit für Inklusion beim Fußball“, so die Organisatoren zufrieden.

 

Spiele:

TSV Kemnade – Bayern Fan Club HOL 2:0
WTW I – WTW II 0:0
KTW – Bayern Fan Club HOL 1:0
TSV Kemnade – WTW I 1:0
KTW – WTW II 0:0
WTW I – Bayern Fan Club HOL 0:1
TSV Kemnade – WTW II 0:1
KTW – WTW I 1:0
WTW II – Bayern Fan Club HOL 0:0
KTW – TSV Kemnade 0:0

 

Tabelle:

Platz Mannschaft     Punkte           Tore
1. KTW                         8                     2:0
2. TSV Kemnade        7                     3:1
3. WTW II                   6                     1:0
4. Bayern Fan Club   4                     1:3
5. WTW I                     1                     0:3

Quelle: Saale-Ith-Echo