15 Jahre hatte Yann Le Guillard kein Deutsch gesprochen, als er 2006 mit der Französischen Nationalmannschaft zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Deutschland in die Unterkunft nach Aerzen kam. 1998 nach der Weltmeisterschaft im eigenen Land war der französische Journalist als Praktikant beim Französischen Fußballverband angestellt und knüpfte so erste Kontakte. 2001 übernahm er den Posten des Pressesprechers des Verbandes und der U21-Nationalmannschaft. 2004 wurde er schließlich zum Pressesprecher der Nationalmannschaft befördert und lernte so die ganze Welt kennen. Der Landkreis Hameln-Pyrmont hinterließ bei ihm aber einen bleibenden Eindruck.
Die Wallenserin Marinita Schumacher arbeitete während der Fußballweltmeisterschaft 2006 ehrenamtlich im Hamelner Pressezentrum und betreute dort vor allem französische Journalisten. Durch ihr Studium in Frankreich sprach sie schon vorher fließend französisch und genoss vor allem das Flair während der Weltmeisterschaft. Zu dem Pressesprecher Yann Le Guillard entwickelte sich ein enger, freundschaftlicher Kontakt, der auch nach der Weltmeisterschaft noch anhielt. Schumacher bekam schließlich das Angebot, in Paris ihren Doktor für Wirtschaftsingenieurswissenschaften an der Uni zu machen und nahm das an. In Paris vertiefte sich die Freundschaft zu Le Guillard zu einer Beziehung, welche vor sieben Monaten nach dem ersten gemeinsamen Kind im zweiten Kind gipfelte.
Im vergangenen Jahr reifte dann der Entschluss der Pariser Familie, zukünftig in Deutschland zu wohnen. Dies war vor allem darin begründet, dass die Kinder nicht in einer Metropole wie Paris, sondern auf dem Dorf behütet in der Natur aufwachsen sollten. Schweren Herzens ließen sie in Paris viele Freunde zurück, kehrten in Wallensen aber in den Schoß der Familie zurück, wo zusätzlich sich auch noch viele Freunde von früher über die Rückkehr freuten.
In Wallensen ist neben seiner Lebensgefährtin auch Le Guillard warmherzig aufgenommen worden. Anfangs wollte sich der sportlich aktive Franzose nur bei der örtlichen Bezirksligamannschaft des WTW Wallensen fit halten. Doch Trainer Stefan Gluba erkannte schnell die fußballerische Klasse des 41jährigen. „Wenn ich schon bei Schnee trainiere, möchte ich auch gerne bei den Spielen dabei sein. Natürlich nur, wenn ich dem Niveau gerecht werde und der Trainer mich aufstellt“, so Le Guillard. Denn der Franzose war es aus Paris nicht gewohnt, auf Rasen zu spielen. Dort spielte er mit Anfang 20 noch in der Landesliga, konnte aber den Trainingsumfang wegen seinem zeitaufwendigen Studium nicht beibehalten und spielte so nur noch mit Freunden in einer Freizeitliga. In Paris wurde nur auf Kunstrasen gespielt und bei schlechtem Wetter halt gar nicht. In Wallensen wird nun zwei Mal die Woche trainiert und am Wochenende gespielt. Dort ist er mit über 40 Jahren zwar der Oldie in der Mannschaft, zeichnet sich aber durch gute Fitness aus. In der Vergangenheit ist er auch schon Marathon gelaufen und hat auch bei den Trainingslagern der Nationalmannschaft mit prominenten Mitspielern oft gegen den Ball getreten. Nach den Testspielen in der Wintervorbereitung durfte seine Familie mit ihm immer noch die Spiele analysieren, wie er es vorher gerne mit der Nationalmannschaft gemacht hat. Dort tat er das mit Gesprächspartnern wie Lilian Thuram, Willy Sagnol oder Raymond Domenech. In Wallensen ist jetzt alles eine Nummer kleiner, aber hier genießt er es, sich auf seine Familie und das Wirken im Verein zu konzentrieren.
Auch WTW-Sprecher Thomas Schütte freut sich über den unverhofft spektakulären Neuzugang: „Es war zwar nicht einfach, aus einem fremden Land eine Spielgenehmigung zu bekommen, aber es hat sich gelohnt. Neben seinem tollen Charakter ist er auch sportlich ein Gewinn für die Mannschaft. Er ist im Mittelfeld immer anspielbereit und erhöht absolut die spielerische Qualität!“ Le Guillard hofft nun aber, dass er zukünftig mit dem WTW auch mal ein Finale gewinnt. Bisher hatte er beruflich etwas Pech damit. Sei es das Europameisterschafts-Finale der U21 2002 in der Schweiz gegen Tschechien oder das WM-Finale 2006 gegen Italien in Berlin. Auch das erste Finale mit dem WTW im Duinger Hallenfußballturnier im Januar verlor er jetzt im Elfmeterschießen. „Ich bin mir aber sicher, dass ich dieses Trauma irgendwann ablegen kann“, so Le Guillard augenzwinkernd.
Bis dahin arbeitet die Familie noch an der Verarbeitung des Kulturschocks Paris – Wallensen. Während in Paris alle möglichen Freizeitgestaltungen möglich sind, haben auf dem Dorf am Mittwochnachmittag die Geschäfte auch mal geschlossen. „Doch daran gewöhnt man sich schnell, wenn man einmal vor verschlossener Tür stand. Die in Wallensen wohnenden Menschen und die tolle Natur in der Gegend machen solche Umstände locker wieder weg“, bemerkt die Familie lachend im Gespräch.
Quelle: www.saale-ith-echo.de